Ganz anders als sie es von mir gewohnt sind, habe ich die Jury der steirischen Menschenbilder heuer mit einem etwas anderen Stillfoto überrascht. Mit Erfolg! Das Bild tourt das gesamte Jahr über durch ausgewählte steirische Gemeinden.
Das Ziel: Möglichst vielen Menschen die Augen zu öffnen, für eine Krise, die aufgrund der Corona Pandemie in den Hintergrund gedrängt wurde – den Klimawandel und die Plastifizierung der Ozeane. Und zudem: Möglichst viele Mütter im Hinblick auf die Gefahren von Mikroplastik zu sensibilisieren!
Es schien fast so, als habe die ganze Welt in den letzten beiden Corona-Jahren die Augen davor verschlossen: Dabei wird sich laut einer WWF Studie die Kunststoffproduktion bis 2040 verdoppeln. In Folge vervierfacht sich Mikroplastik in den Ozeanen innerhalb der nächsten 30 Jahre (lt. WWF).
Mit fatalen Folgen für das Ökosystem UND uns! Nur wenn wir alle gemeinsam handeln, können wir hoffentich noch das Schlimmste verhindern.
Ich bin weder Politiker noch Umweltaktivist, aber ich glaube ich habe mit der Fotografie ein sehr mächtiges Werkzeug an der Hand. Denn ein Bild sagt ja bekanntlich mehr als 1000 Worte und rüttelt hoffentlich viele Menschen wach. Und zwar in dem Sinne, dass sie ihr Konsum und Kaufverhalten nachhaltig ändern.
Ausschlaggebend für dieses Herzens-Projekt war übrigens meine bald 10-jährige Tochter, die mich nach einem Schnorchel-Ausflug auf Mallorca im Sommer des Vorjahres „um Hilfe“ bat.
Sie war durch einen Teppich an Plastikmüll getaucht und kam wütend, hilflos und traurig auf mich zu: „Mama, kannst du nicht etwas dagegen tun?“ Das hat mich nachdenklich gestimmt und ich fühlte mich ihr verpflichtet, stellvertretend für sie Aktionen zu setzen.
Denn gerade Kinder haben ja kein Sprachrohr, was solche Themen anbelangt. Ihnen gehört aber die Zukunft auf dieser Erde. Eine Erde, die Generationen vor uns bereits schamlos ausgebeutet haben und WIR nun zusehends weiter zerstören. Doch was konnte ICH schon groß tun? Wo anfangen?
„Die Fotografie hilft den Menschen zu sehen“ sagte einst die Fotografin Bernice Abbott. Mir schwebte bald schon ein ganz konkretes Bild im Kopf vor, wie ich die leidende Mutter Erde portraitieren wollte. Ich begab mich Ende Jänner diesen Jahres kurzerhand via Instagram auf die Suche nach einer passenden stillenden Mama, die dank meiner tollen social media community schnell gefunden war.
Lustigerweise wurde just mein persönliches Lieblingsbild nicht von der Menschenbilder Jury ausgewählt (Mutter Erde im Meer mit geschlossenen Augen), sondern jenes Bild, dass auf Instagram bereits im Entstehungsprozess am populärsten gewesen ist und all meine Umfrage-Rankings anführte. Bild Nr. 3 aus der Serie gewann übrigens auch eine internationale Auszeichnung. Darauf bin ich auch besonders stolz.
Aber zurück zum steirischen Menschenbild: Es liegt mir heuer besonders am Herzen. Denn es thematisiert gleich mehrere Themenfelder, die mich sehr bewegen. Zum einen das Stillen in der Öffentlichkeit an sich (und, dass sich in all den Jahren, seit mein erstes Stillfoto auf der Titelseite der größten österr. Gratis-Tageszeitung erschien, nicht viel für stillende Mütter geändert hat). Zum anderen, die Umweltverschmutzung (vor allem mit Plastik) und welche Auswirkungen die Aufnahme von Mikroplastik auf unsere Gesundheit hat. Und nicht zuletzt, welche Spuren Corona an uns und auf dieser Welt hinterlässt (Stichwort: Masken im Meer, psycholog. Nachwirkungen bei Kindern, etc.).
Das Foto zeichnet ein sehr ambivalentes Bild. Einerseits portraitiert es Mutter Erde als hübsche, starke Frau, die dem herannahenden Sturm trotzt, zugleich aber bereits sichtlich mitgenommen aussieht (Ihr Körper ist ausgetrocknet, sie ist gefangen in einem Korsett-Kleid an Müll in Form von Plastik und Corona Maske, Windel und Fischernetz. Aber das Kind (steht stellvertretend für uns Menschen) „saugt“ dennoch seelenruhig an ihr. Es saugt sie regelrecht weiter aus. Der Betrachter bemerkt hoffentlich die Tränen in ihren Augen, die rußige, verbrannte Gesichtshälfte und das herannahende Gewitter im Hintergrund. Eine Weltuntergangsstimmung.
Leere Worte der Politik und haltlose Versprechen bzw. Vorsätze der Industrie… vielmehr würden Änderungen im Konsumverhalten eines jeden von uns weit mehr bewegen. Es muss nicht immer gleich der Einkauf im „Unverpackt“-Laden sein. Vielmehr können wir uns tagtäglich die Frage stellen: „Was brauche ich wirklich?“ Nicht nur in Bezug auf Lebensmittel („Wie oft esse ich Fleisch?“) sondern generell.
Vor allem in einem Haushalt mit Kindern kommt oft sehr schnell sehr viel Müll zusammen. Muss es also zu Weihnachten wirklich wieder neues Spielzeug sein? Gibt es das nicht auch gebraucht? Kann ich Kleidung mit anderen tauschen? Vielleicht fahre ich lieber mit dem Rad zur Arbeit anstatt mit dem Auto? Kann ich meine tägliche Pflegeroutine auf Naturkosmetik umstellen, die frei von Mikroplastik ist? Allein pro Woche nimmt nämlich bereits jeder von uns Plastik in der Menge einer Kreditkarte zu sich. (Quelle: Kleine Zeitung 15.06.2019). Mikroplastik aus Kosmetika kommt da noch obendrauf!
MIKROPLASTIK – so gefährlich ist es wirklich!
Und da bekanntlich ja erst die Dosis das Gift macht, sollten gerade werdende und stillende Mütter dafür besonders sensibilisiert werden. Über die Haut nehmen wir Frauen das Mikroplastik über unsere Kosmetika auf und geben es sogar über die Muttermilch oder über die Plazenta an unsere Kinder weiter. Säuglinge werden bereits mit Plastik im Blut geboren! Es ist grotesk. Aber auch Flaschennahrung für Babies birgt Gefahren. Gerade aus Plastikfläschchen lösen sich Millionen Plastikpartikel wenn heiße Babynahrung in ihnen zubereitet wird. 2 Mio. Partikel pro Tag konsumieren „Flaschenkinder“ so ungewollterweise (Tagesspiegel, 2410.2020). Von vielen Kunststoffen weiß man, dass sie Substanzen enthalten, die das Erbgut schädigen können. Rosige Aussichten, was?
Richtig wachgerüttelt hat uns ohnhin eine Dokumentation auf RTL, die am 23.09.2019 ausgestrahlt wurde: „Das Jenke Experiment. 4 Wochen Mikroplastik essen und trinken. Wie der Müll uns krank macht“ Die Ergebnisse waren erschreckend. Wenn wir seidem im Urlaub, sind es unsere Kids, die als Erste „saubermachen“ gehen, damit die Plastikbecher oder Chipstüten (und seit neuestem die ffp2 Masken) nicht im Meer landen. Ihre Entschlossenheit ist echt ansteckend und ich wünschte, „Umweltbewusstsein“ wäre ein Schulfach, denn leider wird sie noch nicht in allen Familien gelebt. Wir möchten keine „Moralaposteln“ spielen, denn auch für uns lässt sich nicht immer alles praktikabel im Alltag umsetzen. Aber einfach „nichts“ dagegen zu unternehmen wäre undenkbar. Das könnten wir mit unserem Gewissen nicht vereinbaren und ICH könnte meinen Kindern nicht mehr in die Augen sehen.